Kreative Energie
Wir haben gesehen, dass Menschen ein enormes kreatives Potential besitzen. Unsere Glaubenssätze bestimmen, was wir und wie wir es erleben. In diesem Artikel sehen wir, was diese kreative Energie ist, warum Glaubenssätze unterschiedlich stark sind und wie wir unsere Wahrnehmung schärfen können.
Machen Sie doch bitte folgendes kleines Experiment. Es ist sehr simpel, doch zeigt es klar, wie wir unsere Realität gestalten. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf einen beliebigen Gegenstand in Ihrer Umgebung. Verstärken Sie die Aufmerksamkeit, bis sie ganz bei diesem Gegenstand ist und Sie nichts anderes wahrnehmen. Nachdem Sie so eine Weile bei ihm verweilten, suchen Sie sich einen anderen Gegenstand, der nicht im Blickfeld des ersten liegt. Nun richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf ihn und verbleiben Sie bei ihm, bis er Ihre volle Aufmerksamkeit hat.
Wo war der erste Gegenstand, während Sie den zweiten betrachteten? Der Verstand sagt natürlich, da, wo er die ganze Zeit war, da drüben. Aber in Ihrem subjektiven Erleben? Da müsste er verschwunden gewesen sein. Während Sie den zweiten Gegenstand betrachteten, war der erste nicht mehr vorhanden, stimmt es? Nach dem Wechsel waren vielleicht noch Gedanken an den ersten Gegenstand da oder an irgendetwas anderes. Als Ihre volle Aufmerksamkeit auf dem zweiten Gegenstand ruhte, war der erste in Ihrem Erleben verschwunden, oder? Wenn Sie es ganz gewissenhaft gemacht haben, waren auch Ihre Gedanken verschwunden. Ihre ganze Aufmerksamkeit war vom zweiten Gegenstand erfüllt. Falls nicht, machen Sie die Übung vielleicht nochmal, denn sie ist sehr aufschlussreich.
Das ist das ganze Geheimnis unserer Realität: Dinge, die unsere Aufmerksamkeit bekommen, sind für uns gegenwärtig, das heißt, real. Die Aufmerksamkeit ist unsere kreative Energie. Die Art der Dinge, die unsere Aufmerksamkeit bekommen, kann sehr unterschiedlich sein. Zum Beispiel die Inhalte der unmittelbaren Wahrnehmung. Dann sind wir absolut gegenwärtig. Meist haftet sie aber auch Gedanken, Überzeugungen, Erlebnissen, die vergangen sind, Bewertungen, Verletzungen und ähnlichem an. Dann werden diese Dinge Teil unserer Realität.
Wie schon gesagt, die Vergangenheit existiert nicht. Nicht wenn wir ganz bei dem sind, was jetzt im Moment ist. Sobald wir Gedanken an die Vergangenheit Aufmerksamkeit geben, erschaffen wir Vergangenheit, jetzt in diesem Moment. Erst unser Gedanke an sie lässt die Vergangenheit entstehen. Wir geben der vermeintlichen Vergangenheit Energie und damit Macht, wenn wir glauben, dass sie uns immer noch beeinflusst. Wir können an die guten alten Zeiten denken und damit die Gegenwart vermeiden. Ebenso können wir Verletzungen und Traumata ein ganzes Leben lang mit uns herumschleppen und unter ihnen leiden.
Die Aufmerksamkeit haftet an diesen Ereignissen. Das liegt daran, dass sie eine emotionale Ladung haben und somit Bedeutung erhalten. Die emotionale Ladung rührt daher, dass wir uns entschieden haben, die Gefühle dieses Erlebnisses nicht bis zu ihrem Ende zu erleben. Wir haben das Gefühl damals aufgrund von Bewertungen abgelehnt und damit die Emotionen, denen eine Energie innewohnt, konserviert. Das hat nichts mit Unfähigkeit oder gar Versagen zu tun. Manchmal ist dies notwendig, um in einer Situation bestehen zu können. Jeder Mensch kennt das. Wenn der Vater sagt, dass nur Mädchen weinen, dann hört der Junge schnell damit auf. Er will ja schließlich nicht sein Gesicht vor dem Vater verlieren. Hätte er das Gefühl weiter erlebt, bis es sich von selber aufgelöst hätte, wäre keine Aufmerksamkeit an ihm haften geblieben. Es gäbe lediglich eine Erinnerung an sie, die nicht schmerzhaft oder unangenehm wäre.
Situationen, die nicht durcherlebt wurden, haften sich an und beeinflussen dadurch unser weiteres Erleben. Menschen können sich ein Leben lang als Opfer, Schwächling, Schuldiger, Versager, Missbrauchter oder was auch immer fühlen, obwohl das auslösende Ereignis bereits Jahrzehnte zurück liegt und seitdem nicht mehr aufgetreten ist. Wie wir schon wissen, werden dieses aufgeladene Erlebnis und die damit verbundene Identität Teile unseres Wahrnehmungsfilters. Später ziehen wir dadurch die entsprechenden Personen oder Situationen immer wieder an, wiederholen die Erlebnisse der Vergangenheit und bestätigen die dazugehörigen Identitäten. Der Vater, zum Beispiel, dessen Erwartungen nicht zufrieden gestellt werden konnten, findet sich in dem despotischen Vorgesetzten wieder, unter dem wir leiden. Wiederholungen im Leben sind ein Indikator dafür, dass es mentale und emotionale Muster gibt, die aufgelöst werden wollen.
Hier ist eine unvollständige Liste von weiteren Dingen, die unsere Aufmerksamkeit binden und reduzieren: Traumata, Verletzungen, Schuldgefühle, Groll, Abhängigkeit, Überforderung, Angst, starke Gefühle, Lebensdramen, Geheimnisse, Übergriffe, unerledigte Dinge, ungeklärte Situationen, uneingeordnete Informationen, mangelnde Informationen, Träumereien, Gedanken und vieles mehr.
Um diesem Dilemma zu entkommen, müssen wir dem Erlebnis die gebundene Aufmerksamkeit, die emotionale Ladung, entziehen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Das Mittel der Wahl hängt davon ab, wie stark die Anhaftung ist. Im Allgemeinen reicht eine Entscheidung. Kleine Kinder können das sehr gut. Haben Sie schon einmal beobachtet, wie ein Kind wegen etwas weint und dann etwas sieht, das seine Aufmerksamkeit fesselt? Der Grund des Weinens ist sofort vergessen und das neue Objekt wird untersucht. So können wir verfahren, wenn wir uns zum Beispiel verletzt fühlen oder wütend sind. Wir lösen die Aufmerksamkeit von dem Grund, da wir ihn als Gedanken erkennen, und richten sie auf ein erfreuliches Gefühl. Das kann gelingen, doch meistens ist die Anhaftung bei starken Gefühlen zu groß.
Muster, die schon eine längere Zeit bestehen und die stark geladen sind, haben sich in der Regel in das energetische System eines Menschen eingeprägt. In dem Fall reichen Gedanken oder Entscheidungen nicht. Das ist der Grund dafür, warum Vorsätze nicht funktionieren. Um diese energetischen Muster zu löschen bedarf es einer tiefgreifenden Methode. Die schon vorher erwähnte Methode, die ich in einem späteren Artikel erklären werde, leistet dies.
Ich habe gerade den Begriff „energetisches System“ eingeführt. Welches Modell wir für seine Erklärung heranziehen, spielt dabei keine große Rolle. Es könnte das Meridiansystem der traditionellen chinesischen Medizin, das Chakrensystem des Buddhismus bzw. Hinduismus, die Verschaltungen in unserem Nervensystem oder ein anderes System sein. Wie wir eine Erscheinung erklären, hat keinen Einfluss auf die Erscheinung. Für die Zwecke dieses Blogs reicht dieser allgemeine Begriff.
Je mehr Aufmerksamkeit an mentalen Mustern haftet, desto weniger steht davon im Leben zur Verfügung, was unter anderem die Wahrnehmung, Lebendigkeit und Intelligenz einschränkt. Daher ist es sinnvoll, gebundene Aufmerksamkeit freizusetzen. Die Stärke von Verlangen, positive Aufmerksamkeit, und Abneigung, negative Aufmerksamkeit, gibt uns weitere Hinweise, wo ungelöste Muster zu finden sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Aufmerksamkeit die Energie ist, mit der wir unsere Realität kreieren. In anderen Systemen wird sie auch Lebensenergie genannt. Je mehr freie Aufmerksamkeit wir haben, desto kreativer, lebendiger, gesünder und wahrnehmender sind wir. Für ein selbstbestimmtes, aktives Leben ist es daher sinnvoll, so viel gebundene Aufmerksamkeit wie möglich wieder freizusetzen.
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Sehr geehrter Herr Heister
Ganz grosses Kompliment (obwohl dieses ins “Leere” geht)! :-)
Ich beschäftige mich seit mehreren Jahrzehnten mit der Erkenntnis-Thematik.
Ihre Interpretations- und Darstellungsweise ist mit Abstand das annähernd Naheliegendste,
was ich weltweit je angetroffen habe.
Vielen Dank für Ihre Ausführungen! Toll!
Dr. V.
Vielen Dank! Verschieben geht leider nicht.
…der obere Kommentar wäre unter der Rubrik “das dritte Paradigma” gedacht gewesen… sorry -> Evtl. können Sie es umplatzieren. Danke.